Textilindustrie: Produktion in aller Welt

Textilindustrie: Produktion in aller Welt
Textilindustrie: Produktion in aller Welt
 
Textilien werden heute weltweit industriell hergestellt, wobei sich eine internationale Arbeitsteilung etabliert hat. Dies hat verschiedene Ursachen, angefangen von klimatischen Bedingungen beim Anbau, wie es besonders für die Baumwollproduktion gilt, bis zur Höhe der Lohnkosten und der Verfügbarkeit von Kapital. Die weltweite Arbeitsteilung bewirkt einen intensiven globalen Wettbewerb bei der Produktion und beim Verkauf von Textilien.
 
In den meisten Ländern hat die industrielle Entwicklung mit der Textilindustrie angefangen. Dies gilt für England und Deutschland genauso wie für Hongkong oder Bangladesch. In den letzten Jahrzehnten gab es in der globalen Textilindustrie große Umschichtungen. Ehemalige Großproduzenten wie Großbritannien und die USA haben Weltmarktanteile an die Entwicklungsländer verloren, während der Welttextilhandel insgesamt in der gleichen Zeit stieg.
 
Seit den Sechzigerjahren sind in Deutschland zwei Drittel der Arbeitsplätze in der Textilindustrie verlagert oder abgebaut worden. In den Entwicklungsländern ist der Trend gegenläufig: Ihr Anteil am Welttextilhandel hat sich auf 40 Prozent erhöht. Entwicklungsländer können ihre Erzeugnisse zu niedrigeren Preisen als die industrialisierten Länder anbieten, denn die Produktionskosten, insbesondere die Lohnkosten, sind in den industriell weniger entwickelten Staaten sehr gering. Auch die mittel- und osteuropäischen Länder weisen nach wie vor ein deutlich niedrigeres Lohnniveau auf als Deutschland.
 
Um den Industrieländern den Anpassungsprozess an den verstärkten internationalen Wettbewerb zu erleichtern, wurde 1974 das Welt-Textilabkommen (WTA) ausgehandelt, das vor allem die Textil- und Bekleidungsexporte aus Entwicklungsländern durch Quoten beschränkt. Damit soll die europäische und nordamerikanische Textilindustrie eine gewisse Zeit vor übermäßiger Konkurrenz aus Entwicklungsländern geschützt werden. Diese Protektion wird schrittweise abgebaut und im Jahr 2004 auslaufen. Dann soll auch der Textilhandel den GATT-Regeln (General Agreement on Tariffs and Trade) über weltweiten Freihandel unterliegen.
 
Die deutsche Textilindustrie befindet sich seit den 1960er-Jahren aufgrund des zunehmenden internationalen Wettbewerbs in einem Anpassungsprozess. Mit stetigen Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen hat sie sich von einem personalintensiven zu einem kapitalintensiven Industriezweig gewandelt. Die kapitalintensiven Zweige der Textilindustrie, wie die Textilveredlung, setzen mehrheitlich noch auf den Standort Deutschland. Die Verlagerung der Produktion nach Mittelost- und Osteuropa sowie in asiatische Länder steigt aber tendenziell, was zur Verringerung inländischer Arbeitsplätze, besonders in der arbeitsintensiven Bekleidungsproduktion geführt hat. In der Zeit von 1985 bis 1997 ist die Zahl der Arbeitsplätze in der Textilindustrie von 230 000 auf 131 000 — oder um 43 Prozent — zurückgegangen. Die Zahlen in der Bekleidungsindustrie sind ähnlich.
 
20 Prozent der von der deutschen Textilindustrie gelieferten Stoffe verarbeitete die deutsche Bekleidungsindustrie 1996 im Inland. Knapp über 20 Prozent der deutschen Stoffe wurde im östlichen Mitteleuropa und etwas mehr als 10 Prozent in der Europäischen Union verarbeitet.
 
Der Export der deutschen Textilindustrie mit knapp 25 Prozent der Produktion und dem der Bekleidungsindustrie mit weniger als 25 Prozent ist recht niedrig. Die größten Kleiderfabriken stehen in China und Hongkong.
 
Nach Einschätzung des Gesamtverbandes der Textilindustrie in der Bundesrepublik Deutschland wird die inländische Produktion von Bekleidungstextilien weiterhin abnehmen, die heimische Produktion von Heim- und Haustextilien wird ihre Anteile halten, und die Produktion von technischen Textilien wird weiter ansteigen. Stärken der deutschen Textilindustrie sind technisches Know-how und modische Kreativität.
 
Die Chemiefasern machen heute den Hauptanteil der weltweiten Faserproduktion aus, gefolgt von Baumwolle. Die Weltproduktion an Wolle ist stark zurückgegangen. Bei den Bekleidungstextilien in Deutschland beträgt der Anteil der Wolle 10 Prozent, Baumwolle 36 Prozent und Chemiefasern 54 Prozent. Dieses Verhältnis verschiebt sich bei den Heimtextilien zugunsten der Chemiefasern (74 Prozent). Bei technischen Textilien macht der Chemiefaseranteil schließlich 90 Prozent aus.
 
Bezüglich ökologischer Produktion hat Deutschland weltweit gesehen eine Vorreiterrolle inne. Die Umweltschutzkosten in Deutschland sind die mit Abstand höchsten in ganz Westeuropa; sie betrugen 1996 bei der Veredlung über 9 Prozent der Gesamtkosten, dagegen nur 6,6 Prozent in der Schweiz und 2,7 Prozent in Österreich.
 
Dr. Cornelia Voss
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Textiltechnik: Fertigung von Bekleidung
 
 
Adebahr-Dörel, Lisa / Völker, Ursula: Von der Faser zum Stoff. Textile Werkstoff- und Warenkunde. Hamburg 311994.
 
Fachwissen Bekleidung, Beiträge von Hannelore Eberle u. a. Haan 51998.
 Heudorf, Claus: Warenverkaufskunde für den Textilhandel. Rinteln 51994.
 Rathke, Kay M.: Die Zukunft der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie. Auswirkungen der Integration des Welttextilabkommens in die allgemeinen GATT-Regeln. Mainz 1996.

Universal-Lexikon. 2012.

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